Chronikbericht (Teil 9): Die Volksschule Thumby zwischen 1875 und 1918

Am 11. April 1912 ist es dann so weit: Der Schulneubau wird eingeweiht. Der Verlauf der Einweihungsfeier wird in der Schulchronik recht ausführlich beschrieben:
„Am 11. Apr. wurde unter Anwesenheit vieler Mitglieder d. Schulgemeinde das neue Schulgebäude eingeweiht. Unter Vorantritt d. hiesigen Feuerwehrkapelle marschierten die Schüler zum Portale d. Schulhauses. Nachdem Herr Pastor Nissen die Eingangstür aufgeschlossen hatte, begaben sich d. Schüler in die beiden im ersten Stockwerk gelegenen Klassenzimmer, während sich die Erwachsenen auf dem Schulflur versammelten.
Als Eingangslied wurde der Choral: ‚Lobe den Herren…‘ gesungen. Herr Pastor Nissen und Lehrer Hoffmann hielten darauf eine Ansprache an die (Schul-)Gemeinde und die Schüler. Während in der ersten Ansprache besonders angeführt wurde, daß Gott dem Herrn Lob und Dank für das wohlgelungene Werk gebühre, wurden in der letzten Rede Dankesworte an die Gemeinden und die Behörden gerichtet.
Die Schüler der Oberklasse sangen nach den Ansprachen die Lieder: ‚Lobt froh den Herrn‘ bzw. ‚So nimm denn meine Hände‘.
Am Einweihungstage wurde zugleich Lehrer J. Carstensen in der Mittelklasse in sein neues Amt eingeführt. Nachdem Herr Carstensen eine Lehrprobe über das Thema: ‚Heilung der 10 Aussätzigen‘ gehalten hatte, sprach Herr Pastor Nissen ein kurzes Schlußwort und -gebet, worauf die Gemeinde in d. Gesang: ‚Nun danket alle Gott‘ einstimmte.
Nach der Einweihungsfeier in der Schule wurden die Kinder noch beim Gastwirt H. Boysen bewirtet.“
Der im Jahre 1908 gegründete Schulvorstand Thumby/Schnarup hat während der Bauphase des neuen Schulgebäudes bis zur Einweihung des Schulneubaus im April 1912 einen wahrhaften Sitzungsmarathon hingelegt: Das Protokollbuch verzeichnet Niederschriften von 29 Sitzungen in diesem vierjährigen Zeitraum, phasenweise im Monatsrhythmus.
Im Jahre 1912 herrschte offenbar große Begeisterung über technische Neuerungen, insbesondere was die Luftfahrt anbetraf. So können wir in der Chronik lesen: „Am 23. Juni unternahm der Lehrer der Oberklasse mit 24 Schülern eine Fahrt nach dem Flugplatze des ‚Nordmarkfluges‘ nach Schleswig. Die Schüler konnten die Ankunft von 5 Flugapparaten und die Abfahrt von 4 Apparaten beobachten.“ Der Nordmarkflug war ein Flugwettbewerb im Jahre 1912, der das ganze Können der teilnehmenden Piloten forderte und von Kiel aus durch ganz Schleswig-Holstein und das heutige Nordschleswig führte. Etappenziel war unter anderem Schleswig.
Doch damit nicht genug. Schon einen Tag später wird in der Chronik notiert: „Am 24. Juni flog das Zeppelinluftschiff ‚Viktoria Luise‘ ruhig und sicher über diese Gegend. Es fuhr von Kiel nach Flensburg und wurde von vielen Einwohnern gesehen.“ Dieses Luftschiff, benannt nach der preußischen Prinzessin Viktoria Luise, war erst im Februar 1912 in Dienst gestellt worden. Vielleicht ist ja während dieser Fahrt der Flensburger Luftfahrt-Pionier Hugo Eckener (1868-1954) an Bord gewesen, der als Nachfolger von Ferdinand Graf von Zeppelin für Preußen Luftschiffe bauen ließ und zu dieser Zeit in der Bevölkerung überaus populär war. Das Verkehrs-Luftschiff „Viktoria Luise“ sollte während seiner Indienststellung bei 489 Passagierfahrten 54.312 Kilometer zurücklegen und dabei 9738 Personen befördern.
Ulrich Barkholz

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