
Dieser Sommer kommt mir doch sehr merkwürdig vor! Es passieren Dinge, die sonst nicht vorgekommen sind. Ich komme morgens in unser Treibhaus, da fliegt durch das Dachfenster eine Amsel raus. Ich denke: „Ach, die hat sich wohl verflogen.“ Es kommt ja ab und zu vor, dass sich ein Vogel ins Treibhaus verirrt und meistens dann herumflattert, weil er nicht sofort den Ausgang findet. Am nächsten Tag passiert es aber wieder: Ich betrete das Treibhaus, und eine Amsel fliegt durchs Dachfenster nach draußen. Merkwürdig. Aber dann entdecke ich ganz oben unter dem Treibhausdach ein Nest! Da hat sich doch der Vogel still und heimlich seine Brutstätte im Treibhaus ausgesucht, und niemand hat etwas bemerkt. Es hängt dort ein aufgerollter Gartenschlauch auf einer Holzkonstruktion. Das Dachfenster steht immer offen; die automatische Fensteröffnung ist schon lange defekt. Ein idealer Platz. Da kommt keine Katze und keine Elster ran, um das Nest auszuräubern. Die Amsel gewöhnt sich langsam dran, dass ab und zu ein Mensch das Treibhaus betritt und ihr nichts Böses will. Also bleibt sie ganz ruhig da oben sitzen und brütet. Eines Tages werden dann ihre Jungen gefüttert, und dann hüpft ein kleiner aus dem Nest ausgeflatterter Jungvogel zwischen den Tomatenpflanzen hin und her und wartet dort auf sein Futter.
Zuletzt ist der Kleine durch die offene Tür in den Garten geflogen und wurde nicht mehr gesehen.
Das war es dann wohl – so dachten wir. Aber das war es noch lange nicht. Wir sahen die Amsel wieder da oben sitzen und dachten, dass sie eine zweite Brut in diesem sicheren Domizil vorhat. Sie saß da sehr lange. Die Brutzeit musste doch längst vorüber sein! Die heißen Tage kamen. Sie saß da oben, und wir konnten sie mit offenem Schnabel in der Hitze hecheln sehen. Das arme Tier! Gar nicht gut! Da nützte es auch nichts, dass sie sich in einer der zahlreichen Vogeltränken in unserem Garten badete und Wasser zu sich nahm. Mein Mann langte mal bei Abwesenheit des Vogels nach oben ins Nest und konnte fühlen, dass mehrere Eier darin lagen. Zu viele für ein Gelege! Aber die müssten doch längst ausgebrütet sein! Ich meinte, die Amsel wäre verhaltensgestört. Dann dachte ich, dass aus den Eiern sicher bei der Hitze unterm Dach gekochte Eier geworden wären. Mein Mann wollte das Nest entfernen. Ich hielt ihn noch davon ab. „Die arme Amsel, das kannst du doch nicht machen!“ Dann aber war es die beste Lösung; sonst säße sie wohl noch im Herbst da oben! Das Nest wurde entfernt. 10 Eier lagen darin. Die waren natürlich verdorben. Eine Woche später fand ich die Amsel im Treibhaus tot neben der Gießkanne liegen. Ich trug sie nach draußen und legte sie behutsam an einer geschützten Stelle im Knick ab. Sie tat mir so leid. Es war sicher nicht gut für sie gewesen, so lange da oben in der Hitze auszuhalten. Totaler Stress. Sie kam mir auch ganz mager vor. Sie hatte es nicht überlebt. Sie hatte sicher auch nicht genug Futter finden können.
Die anhaltende Trockenheit sorgt auch dafür, dass sich in den Treibhäusern der Maulwurf breit macht. Überall wühlt er herum. Unter den Pflanzen, weil er dort Feuchtigkeit vorfindet, das ist ja klar. Einige Tomatenpflanzen kümmern deshalb vor sich hin, sie nehmen dem Maulwurf diese Störung sehr übel. Aber auch auf den Treibhausgängen und zwischen den Trittsteinen sehen wir immer wieder seine Hügel. Es ist nun schon so schlimm, dass beim Begießen das Wasser gleich in den Gängen und Löchern verschwindet. Voller Ärger muss ich überall die Erde festtreten. Und zwar jeden Tag, immer an anderen Stellen. Das ist noch nie vorgekommen. Irgendwo muss der Maulwurf ja seine Regenwürmer finden. Er möchte ja leben. Aber es freut mich trotzdem nicht. Inzwischen ist auch der Rasen überall voller Maulwurfshaufen. Das stört mich aber nicht.
Eine angenehme Folge der Trockenheit ist das Verschwinden der braunen Nacktschnecken. Beim nächsten Regen sind sie sicher wieder da.
Ein merkwürdiger Gartensommer. Er neigt sich seinem Ende zu, so dachten wir neulich. Aber es hat immer noch nicht geregnet, nicht bei uns in Schnarup. Das nächste Hoch ist schon angekündigt. Wir pflücken momentan die späten Himbeeren. Die können die Trockenheit vertragen. Im Reneclaudenbaum wimmelt es von Schmetterlingen, die genießen den Saft der reifen Früchte, auch die Wespen bedienen sich dort. Der Baum ist so hoch gewachsen, dass wir ihn nicht beernten können. Also gönnen wir den Tieren die Nahrung. Wir freuen uns, dass es noch so viele Schmetterlinge bei uns gibt. Unser Garten ist ein naturnaher, unaufgeräumter Garten. Der Mohn, der reichlich im Gemüsegarten immer wieder aufkommt, sorgt jedes Jahr dafür, dass viele Hummeln sich bei uns wohlfühlen und den Weg ins Treibhaus zu den blühenden Tomatenpflanzen finden.
Viele unreife Äpfel liegen schon auf dem Rasen. Die Fliederbeeren vertrocknen. Viele Stauden und sogar der Farn liegen platt. Die zweite Rosenblüte ist spärlich. Es liegt für Ende August ungewöhnlich viel Laub unter den Bäumen. Einige sagen, dass es immer schon sehr trockene Sommer gegeben hat. Die Ernte hier bei uns in Angeln war wohl allgemein ganz gut. Aber so langsam könnte es doch mal wieder eine Woche lang regnen!
Herta Andresen
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