In der kälteren Jahreszeit: Fliederbeersuppe

Die kältere Jahreszeit hat begonnen und damit die Zeit für heiße Suppen und warme Getränke. Dazu gehört bei uns natürlich u.a. die Fliederbeersuppe, hier in Angeln überall bekannt und beliebt. Sie ist sogar beim Schlachter in Süderbrarup erhältlich mit den beliebten Mehlklößen darin. Das Herstellen der Klöße erspare ich mir, denn es macht Mühe (mir jedenfalls), und wenn ich es mal versucht habe, glückte es nicht besonders gut. Das konnte meine Mutter besser als ich. Daher gibt es bei uns die Suppe mit Grieß-Grütze, die man sich aus der Schüssel dazu absticht und in die heiße Suppe hineingibt. Vorteil: Die Suppe kühlt dadurch etwas ab, und man verbrennt sich nicht so leicht. Selbstverständlich gehören in die Suppe reichlich Apfelstückchen und eine Stange Zimt. Gesüßt wird nach Geschmack. Ich dicke die Suppe auch immer etwas an.
Während meiner Dienstzeit erlebte ich es, dass es zur Fliederbeersuppe immer Bratkartoffeln dazu gab. Links der flache Teller, rechts der Suppenteller. Es wurde abwechselnd gegessen. In der rechten Hand der Löffel und in der linken die Gabel. Begründet wurde diese Gewohnheit von der Hausfrau damit, dass man ja sonst nicht satt würde. Ich fand die Zusammenstellung sehr lustig.
Bei uns gibt es Fliederbeersuppe als Nachtisch. Obwohl mein Mann immer meint, es wäre für ihn eine Hauptmahlzeit – er bräuchte dann nichts anderes.
Fliederbeersträucher wachsen fast überall. Wir in Angeln nennen sie Fliederbeeren, obwohl es botanisch nicht richtig ist: Es sind Holunderbeeren. Hier weiß aber jeder, was gemeint ist. Auf den Knicks kann man sie zahlreich finden. Sie sähen sich selber aus und sind eigentlich sehr zäh. Sie nisten sich gerne dort ein, wo es einem nicht passt, und irgendwann sieht man dann, dass sie sich neben einem Baum oder auch in einem Busch breitgemacht haben. Es ist gar nicht so einfach, sie wieder zu entfernen. Ein Fliederbeerstrauch hatte es bei uns geschafft, sich lange im Lorbeerbusch zu verstecken. Erst als er größer war als sein „Hüter“ und oben rausguckte, wurde er entdeckt.
In letzter Zeit haben es die Fliederbeerbüsche gar nicht mehr so leicht, denn die zunehmende Trockenheit macht auch ihnen sehr zu schaffen. Das war schon im letzten Jahr so; die Beeren vertrockneten und wurden außerdem vermehrt von den Vögeln abgeerntet. So konnten wir schon keinen Saftvorrat mehr anlegen. Gut dass noch von den Vorjahren einiges vorrätig war. In diesem Jahr ist es aber noch schlimmer. Viele Büsche haben gelbe Blätter; sie darben vor sich hin. Wenn Beeren daran sind, dann sind diese schon vertrocknet, bevor sie reif werden. Mein Mann ging hoffnungsvoll mit einem Eimer los, um in den Knicks Fliederbeeren zu pflücken. Es war ein ziemlich langer Such-Trip! Es reichte gerade für eine Mahlzeit! Der Entsafter blieb im Keller.
In früheren Jahren brachten uns Mädchen aus der Nachbarschaft, die bei uns regelmäßig Milch holten, (wir hatten ja eine Landwirtschaft mit Milchkühen) eimerweise Fliederbeeren. Zuletzt wussten wir nicht mehr, wohin mit all dem Saft! Wir hatten nicht genug leere Flaschen. Ein Vorrat für mehrere Jahre stand auf dem Regal.
Gegen Erkältungsbeschwerden oder auch einfach zum Aufwärmen ist Fliederbeersaft mit einem Löffel Honig oder einem Schuss Rum sehr wohltuend. Getrocknete Fliederbeerblüten ergeben mit heißem Wasser aufgegossen einen gesunden Tee. Auch kann man sie mit anderen Teekräutern gut mischen. Als ich die Dolden zum ersten Mal trocknete, machte ich einen großen Fehler: Ich breitete sie in der guten Stube auf dem ausgezogenen Tisch aus. Morgens zog dann ein penetranter Geruch durchs Haus, es roch, als hätte ein Kater seine Duftmarke dort hinterlassen. Es ist klüger, sie draußen zu trocknen, auf dem Boden oder auf der Terrasse. Bei der Sektherstellung gab es auch Ärger, denn einige Flaschen explodierten. Morgens roch es nach Schnaps und die „Sauerei“ musste beseitigt werden. Es machte viel Arbeit, vom Alkoholgeruch mal angesehen. Versuch macht klug, und er wurde nicht wiederholt. Besser ist es, stattdessen Fliederblütensirup zu kochen und diesen mit Sekt aufzufüllen.
Jedes Jahr halten wir Ausschau nach den ersten Fliederbeerblüten: „Oh, es ist schon wieder soweit. Das wird aber viel Saft geben.“, wünschen wir, hoffen wir, beobachten es den ganzen Sommer lang. In einem Jahr leider, bevor wir sie ernten konnten, gab es einen Sturm und viel Regen, und die Hoffnung war vorüber. Die Vögel bedienen sich auch; das machte sonst nicht viel aus, und für uns blieb genug zu holen übrig. Aber diese traurig aussehenden Fliederbeerbüsche in diesem Jahr machen uns sehr nachdenklich. War es das nun bald mit der Fliederbeersuppe?
Herta Andresen

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