In der Schnaruper Feldmark: Beobachtungen

Wie schön, wir leben auf dem Land, mitten in der Natur, und erleben sie so richtig hautnah! Wir walken jeden Tag, wenn das Wetter es erlaubt, und sehen dabei oft die Rehe auf dem Feld, von nah und fern. Ab und zu hoppelt uns ein Hase entgegen, der, wenn er uns endlich bemerkt, wie der Wind in die Gegenrichtung davon flitzt. Ein Fasan erschreckt uns, weil er selber sich vor uns erschreckt hat und mit viel Geräusch emporfliegt. Wir haben in diesem Jahr mehrmals Damhirsche im Getreidefeld entdeckt, weil ihre Geweihe gut zu sehen waren und zählten einmal fünf Tiere.
Mein Mann fand im Frühjahr an zwei Tagen hintereinander jeweils ein großes abgeworfenes Geweih, direkt am Wegrand, und das war etwas Besonderes. Einmal überquerte eine Dachsmutter mit ihren fünf Dachskindern unseren Weg. Ich konnte sogar davon ein Foto machen. Füchse sieht man nicht oft, aber wir haben einen beim Mäusefang beobachtet, wie er in die Luft sprang und zuschnappte. Manchmal zieht ein Greifvogel über den Feldern seine Bahn. Sogar Kraniche auf Lömus sahen wir, hörten ihre Rufe und sahen sie auch fliegen. Zahlreiche Gänse haben sich wieder auf den überschwemmten Wiesen getummelt. In Schnarup hielt sich eine Zeitlang ein Storch auf, aber er fand wohl diesmal keine Partnerin und war dann wieder verschwunden. Immerhin haben wir ihn ein paar Tage lang beim Frösche Suchen erblickt.
Unsere Walking- und Spaziertouren werden nicht langweilig. Besonders in diesem Jahr nicht. Denn im Winter waren plötzlich auf einem leeren Acker bei uns in der Nähe quer rüber lauter Fähnchen aufgesteckt worden. Nanu, was sollte das bedeuten? Aha, es hieß dann, da käme eine Windkraftanlage hin. „Oh je, das ist aber sehr nah an unserem Haus dran!“, meinten wir.
Vor einigen Jahren waren im Sommer schon Leute dagewesen, jeden Tag, den ganzen Sommer lang, um die Greifvögel zu zählen. Mit ihren Ferngläsern hatten sie unermüdlich den Himmel abgesucht, in der Gegend um Lömus und am Schnaruper Wald. In einem Maisfeld war extra ein größerer Hochsitz aufgestellt worden, um ihnen einen besseren Überblick zu ermöglichen. Wir haben uns öfter mit den „Vogelleuten“ unterhalten. Denn wir kamen fast jeden Tag bei ihnen vorbei. Die hatten da einen sehr bequemen Dienst zu verrichten, fanden wir. Bei Regen konnten sie sich in ihr Auto setzen. Ab und zu wechselten sie mit zwei anderen Beobachtern den Standort. Sie haben wohl nicht genug Greifvögel nachweisen können, vor allem keine Adler. Wir sahen ja auch keine.
Es geschah dann lange nichts weiter und wir dachten, dass es sich doch erledigt hätte. Bis wir dann die Fähnchen auf dem Acker im Wind flattern sahen! Wir warteten gespannt, was als Nächstes geschehen würde. Zuerst lange nichts. Es wurde auch noch Mais ausgesät, der in die Höhe wuchs. Dann kam ein Bagger, und eine nicht sehr breite, aber tiefe Spur wurde ausgehoben, für die Archäologen. Denn es hätte ja sein können, dass etwas Sensationelles beim Bau der Windkraftanlagen entdeckt worden wäre. Es dauerte mehrere Wochen, bis deren Sucherei beendet war. Es hieß, es seien nur ein paar Tonscherben gefunden worden und eine uralte Feuerstelle. Nichts Weltbewegendes also.
Danach ging es aber richtig los. Eine Straße wurde gebaut, von einer Boelschubyer Koppel aus Richtung Schnarup, (in Boelschuby wird die zweite Anlage stehen) quer übers Feld und am Knick entlang. Zuerst entstand die tiefe Spur, dann wurde Kies darauf geschüttet, darauf eine dicke Plastikfolie ausgerollt und auf diese ein bläulicher Grant in sehr dicker Schicht aufgebracht. Es hieß, dass dieser Grant aus Norwegen sei. Wie viele Lastwagen und Schiffsladungen waren dafür wohl nötig gewesen? Uns erschreckten die Mengen von Plastik und die gewaltigen Erdbewegungen. Noch nie hatten wir daran gedacht, wie viel Lehm in so einem Feld vorhanden ist, und was für große Erdhügel auf einmal schon von Weitem zu sehen sein würden. Wir verfolgten alle Arbeiten an dem Projekt sehr genau.
Es gab immer etwas Neues zu sehen. Ein großes Loch entstand, ein riesiger Findling lag am Rand. Wie viele Jahrhunderte hatte der wohl dort gelegen? Oder Jahrtausende? Wir sahen beim Baggern zu. Ich überlegte, wie der Bagger da wohl wieder rauskommen sollte, das sah sehr gefährlich aus. Ich machte viele Fotos. Wir liefen auch quer über die Baustelle, redeten mit den Leuten, die nicht nur polnisch sprachen. Niemand von ihnen konnte genau sagen, wann denn die Windkraftanlagen aufgestellt werden sollten.
Später wurden dann Kabel verlegt, auch in den Schnaruper Wiesen wurde für die Stromversorgung mehr und mehr gebuddelt. Bis rüber zum Struxdorfer Umspannwerk sollte es ja gehen. Es wurde immer spannender. Ein Kran stand dort, dann ein zweiter. Jede Menge Material lag auf dem Platz, das Auslegen von Platten begann, Die Seiten der fertigen Straßen wurden eingeebnet. Erde wurde zum Teil auch weggefahren und in Senken verteilt. Das Fundament war fertig, ganz nah am Feldweg sollte der Turm aufgestellt werden. Eine enorme Höhe, fast 200 Meter hoch, mit allem Drum und Dran. Wie sie das Ding wohl nach oben bekommen würden? Stürmisch dürfte es ja nicht sein. Wann würde es hier ankommen? In Böklund am Kreisel war schon etwas Platz gemacht worden für den Schwertransport. Wir sahen uns den Aufbau einer Windkraftanlage schon mal auf Youtube an, da gab es ein Video. Enorm! Aber am liebsten wären wir ja ganz nah dabei!
Vor ein paar Tagen gegen Abend liefen mein Mann und ich wie immer über die Baustelle und sahen uns dort um, es war Feierabend, keine Mechaniker mehr dort! Plötzlich ertönte sehr laut eine Stimme: „Verlassen Sie sofort dies Gelände! Bei Zuwiderhandlung wird die Polizei verständigt!“ Wir haben uns sehr erschrocken. Wir waren mit der Überwachungskamera aufgenommen worden! Natürlich gingen wir sofort auf den Feldweg zurück. Ab sofort beschränkten wir uns aufs Zusehen aus der Ferne. Na, was hatte der wohl geseh‘n, der Mensch, der nun diese Meldung auf sein Handy bekommen hatte? Oma und Opa wackeln dort mit ihren Stöcken herum und sind neugierig. Der hat sich wohl über uns amüsiert!
Nun warten wir darauf, dass wir vielleicht vom Aufbau etwas mitbekommen. Irgendwann über Nacht werden die Turmteile und Flügel in Schnarup ankommen. Wie gut, dass die Anlage von uns aus nach hinten raus steht, so haben wir hier bei uns wohl kein „Disko-Licht“ des Nachts zu befürchten so wie ein Freund von uns, der in Steinfeld wohnt, den das nächtliche Licht einer neu aufgestellten Windkraftanlage sehr nervt.
Aber wir können dann wieder sehen, woher der Wind weht. Etwas Positives muss das Ganze ja wohl haben. Wenn denn die Strompreise auch mal niedriger werden würden…
Herta Andresen

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