Der Frühling naht: Wachsen lassen

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Es macht mir Freude, etwas wachsen zu sehen. Nicht nur in der Natur und in unserem Garten, sondern auch im Haus. Momentan lasse ich in unseren Micro-Grün-Schalen so allerhand Samen zu Sprossen und auch Grünkraut heranwachsen, Der Schnittlauch im Garten ist ja noch nicht so weit, und so hat man mit der Sprossengärtnerei immer etwas Gesundes von der Fensterbank zur Hand.
Weil die Wachstumszeit beginnt, müssten noch einige Topfpflanzen neue Erde bekommen, weil schon die Wurzeln unten aus dem Tontopf herausschauen. Unsere Fensterbänke sind aber längst nicht mehr so vollgestellt wie in früheren Jahren. Wenn ich an die zahlreichen Topfpflanzen meiner Mutter denke, sehe ich es immer noch vor mir: Es gab auf ihren Fensterbänken keine freien Plätze mehr. Zu den üblichen Alpenveilchen, Azaleen und Geranien sowie vielen Kakteen gesellten sich bei ihr etliche angepflanzte Ableger. Sogar Usambaraveilchen wurden aus einem einzelnen Blatt weiter kultiviert. Es dauerte dann ziemlich lange, bis daraus eine blühende Pflanze wurde, aber es glückte. Meine Mutter hatte den berühmten „Grünen Daumen“! Ein bisschen davon werde ich auch geerbt haben. In jungen Jahren habe ich in einem Blumengeschäft gearbeitet und dadurch auch einige Kenntnisse über Topfpflanzen erworben. Das hat dann dazu beigetragen, dass sich auch bei uns die Fensterbänke zeitweise bedrohlich füllten. Es fällt mir aber immer noch schwer, eine abgeblühte Topfpflanze zu entsorgen. Meist wandert diese vorerst nach draußen, wo sie auf der Terrasse noch weiter vor sich hin kümmert.
In diesem Jahr bekam ich zum Geburtstag ein sehr dekorativ verpacktes Kaffeebaumpflänzchen, das in einem viel zu kleinen Topf schon ein frühes Ende vor sich hatte. Ich habe das arme Ding aus der Enge befreit, ordentlich gewässert und liebevoll mit frischer Blumenerde in einen größeren Topf gesetzt. Wenn es wärmer wird, darf das Pflänzchen den Sommer über auf der Terrasse stehen und vielleicht wird noch was draus. Immerhin hat sie sich jetzt erholt, und die Blättchen glänzen schön dunkelgrün.
Im Herbst stand vor unserer Haustür plötzlich eine über einen Meter große Strauchbegonie. Mein Mann hatte sie entdeckt und sagte: „Da hat jemand was für dich vor die Tür gestellt!“ Ich staunte sehr. Es war ein Prachtstück! Aber von wem konnte die denn sein? Ich durchdachte die üblichen „Verdächtigen,“ denen ich das zutrauen würde, kam aber nicht drauf. Vielleicht war die Pflanze gar nicht für uns gedacht? Bei uns wohnen ja noch ein paar Familien mehr. Wir ließen die Begonie erstmal stehen und hofften, dass sich jemand meldet. Aber weil es dann sehr windig wurde und sie umzufallen drohte, holten wir die Pflanze in unseren Flur. Da stand sie nun und wartete ein paar Tage darauf, was mit ihr passieren sollte.
Dann gab es einen Anruf. Es war meine Gartenfreundin aus Nackholz. Ich hatte sie im Sommer besucht und dort ihre Tomatenzucht bewundert und den schönen Garten besichtigt. „Hast du sie gefunden? Du warst ja nicht zu Hause, und ich hab sie dir vor die Tür gestellt, und dann kam ich nicht dazu, dich anzurufen!“ sagte sie. Nun fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Du warst das! Wie konnte ich das vergessen!“ Ich hatte bei ihr die Riesenbegonien bewundert, und sie hatte mir einen Ableger versprochen. Aber doch nicht so eine große Pflanze! „Die passt bei mir doch nirgends auf die Fensterbank“, meinte ich. „Du kannst sie einfach abschneiden“, sagte sie, „das ist bei der Sorte kein Problem. Und dann hast du gleich mehrere davon, denn die schlägt sofort wieder aus, und dann hast du mehrere Stecklinge, die alle gleich Wurzeln schlagen!“ Das tat ich dann auch. Nun steht auf der Fensterbank eine immer noch ganz stattliche Strauchbegonie, die sogar schon Blüten bekommen hat. Und die beiden Ableger, die in einem Glas Wurzeln entwickelt hatten, stehen frisch getopft auch auf der Fensterbank. Bei einer zeigt sich schon ein Blütenansatz. Es sind pflegeleichte Pflanzen, die nicht allzu viel Wasser benötigen und auch Sonne vertragen. Dekorativ sind sie auch. Ein Freund meinte, er kenne diese Blumen als „Schiefblatt“, und ich erinnerte mich dann auch daran, diesen Namen mal gehört zu haben. Vielleicht stelle ich sie später auf die Terrasse. Oder eine Freundin nimmt mir ein Exemplar davon ab. Von ihr habe ich auch einen „Geldbaum“ bekommen, der müsste nun auch umgepflanzt werden. Und die Grünlilien haben auch schon wieder an den Seiten herabhängende Ableger gebildet. Es ist Wachstumszeit!
Herta Andresen