Ich esse gerne Buttermilchsuppe. Schon als Kind, wenn ich aus der Schule kam und auf dem Weg in die Küche den Duft einer Buttermilchsuppe wahrnehmen konnte, freute ich mich auf das Essen. Meine Mutter bereitete sie auf unterschiedliche Weise zu. Mal waren Nudeln darin, auch mal Rosinen, und manchmal rührte sie, wenn reichlich Eier von den eigenen Hühnern vorhanden waren, ein Zuckerei mit hinein. Wenn ich selber Buttermilchsuppe koche, dann gehören eingemachte Quitten dazu. In die heiße Suppe, in der natürlich auch Rosinen sind, wird dann direkt aus dem Einmachglas das kalte Quittenkompott dazu gegeben. Ein toller Kontrast, ein herrliches Geschmackserlebnis!
Heutzutage werden nicht mehr so viele süße Suppen gegessen. Aber ich erinnere mich gerne an diese. Meine Mutter mochte gern Süßes, vielleicht gab es das deshalb öfter. Auf ihre Zitronensuppe gehörte immer Eischnee, besonders köstlich! Die Zitronenschalen wurden mitgekocht und ausgelutscht. In den diversen Saftsuppen fanden getrocknete Äpfel ihre Verwendung. Die Grießsuppe wurde „Schornsteinsuppe“ genannt, denn obendrauf gestreuter Zimt mit Zucker sah nach Meinung meiner Mutter wie der „Sott“ (Ruß) vom Schornstein aus. Diese Bezeichnung ist für mich so geblieben. Dann gab es noch die Puddingsuppe, die Kakaosuppe und die Fliederbeersuppe. Letztere wird bei uns immer noch gerne gegessen, wenn es denn Fliederbeeren gibt. In den letzten Jahren fanden wir nicht genug, als dass es sich fürs Entsaften gelohnt hätte. Deshalb haben wir unsere beliebte Fliederbeersuppe in Brombeersuppe umgewandelt. Schmeckt auch gut, aber es ist ja nicht das Original.
Gestern beim Spazierengehen konnten wir viele Fliederbeerbüsche blühen sehen und hoffen, dass es in diesem Jahr wieder einige Flaschen Saft für den Winter geben wird. Zu den diversen Saftsuppen gehört noch die traditionelle Silvestersuppe, die wir zu den „Appelkoken“ (auch Förtchen genannt oder Futjes) am Silvesterabend essen. Ich verwende dazu verschiedene Säfte mit reichlich getrockneten Äpfeln, Rosinen und Backobst. Meine Mutter hat diese Suppe mit Sago angedickt. Sie nannte es „Fischaugensuppe“. Seit ich das einmal versucht habe und es mir gründlich missglückt ist, lasse ich das lieber bleiben. Mit Speisestärke geht es bequemer und schneller
Als Kind fragte ich mich immer, warum ein Wald, der unser Elternhaus umrandete, „dat Bottermelksholt“ genannt wurde. Niemand konnte es mir erklären. Weil dort auch viel Immergrün wuchs, stellte ich mir vor, ein Haus hätte dort gestanden und es wäre Buttermilchsuppe gekocht worden, die besonders gut schmeckte, sodass es allen in Erinnerung blieb. Es hätte auch sein können, dass mal eine Kanne mit Buttermilch umgekippt wäre, denn unsere Milchkannen wurden damals auf dem Handwagen durch den Wald gezogen zum Nachbarn, der sie dann auf seinem Pferdewagen mit seinen eigenen Kannen weiter beförderte bis zur Meierei. Vielleicht ist das die wahrscheinlichere Erklärung.
Als ich erwachsen war und einen Sohn hatte, wohnten wir eine Zeitlang bei meiner Mutter. Wenn mein Sohn von der Schule nach Hause gekommen war, führte sein erster Weg meist zuerst zu seiner Oma, um nachzusehen, was es dort zu essen gab, bevor er nach oben in unsere Wohnung lief. Dort wartete ich mit dem Mittagessen auf ihn. Als er dann endlich kam, meinte er: „Ich hab keinen Hunger mehr. Hab bei Oma gegessen“. Ich war natürlich ärgerlich. „So, was gab es denn da Besseres?“ – „Buttermilchsuppe“, war seine Antwort. Ich hatte nun Verständnis. „Ach so. Aber du hättest ja wenigstens Bescheid sagen können!“
Das Süße-Suppen-Kochen hat sich mit den Jahren reduziert. Es gibt bei uns nicht oft Nachtisch. Im Sommer natürlich ist Bottermelk und Twüback (Buttermilch gesüßt mit zerbröseltem Zwieback) mit oder ohne Früchte darin eine herrlich erfrischende Sommermahlzeit. Besonders, wenn es frische Erdbeeren gibt. Gewohnheiten ändern sich. Die Buttermilchsuppe aber muss ab und zu einfach sein! Und wenn, dann natürlich mit Quitten.
Herta Andresen