Chronikbericht, Teil 7: Die Meierei in Thumby

Ich berichtete bereits von der Versammlung der Arbeitsgemeinschaft Dorfchronik am 20.1.2004. Auf dieser Versammlung war auch Erwin Sörnsen dazugekommen, unser letzter Betriebsleiter, er schilderte einen Arbeitstag in den sechziger Jahren in der Meierei als Beispiel. In dieser Zeit hatte die Meierei eine Anlieferung von ca. 2 Millionen Kilogramm Milch im Jahr.
Der Arbeitstag begann eigentlich schon am Abend vorher. Am späten Nachmittag wurde der Kessel angeheizt – damals noch mit Kohlenfeuerung –, damit Dampf in ausreichender Menge schon am frühen Morgen vorhanden war. Meieristen stehen zwischen 3.00 und 4.00 Uhr auf. Im Butterfass steht der Rahm vom Vortag, fertig gereift zum Abbuttern. Das Butterfass, macht seine ruhigen Umdrehungen „bis das geplagte Element vor Angst in dick und dünn sich trennt“, bis die Butterkrümel im Sichtfenster erscheinen. Halt! Die Buttermilch wird abgelassen und die Butterkrümel im Fass mit etwas Wasser nachgeknetet – gewaschen, um die Buttermilch vollständig zu entfernen. Nach dem Knetgang wird die Butter entnommen und je nach Verpackung ausgeformt. Es folgt die Reinigung des Geräts.
Inzwischen ist es 6.00 bis 6.30 Uhr. Die ersten Milchwagen kommen an die Rampe. Die Fahrer laden ihre Kannen vom Wagen auf die Rampe und tragen sie dann vor die Waage. Dort kommt eine kleine Batterie Kannen zusammen, nach Lieferantennummern geordnet, die dann der Reihe nach in das Sieb über dem Waagebecken ausgegossen werden. Die Waage hat Leuchtziffern und diese zeigen die Milchmenge an. Über der Waage das Pult mit der Annahmekladde, in die die gelieferte Menge bei jeder Kannennummer eingetragen wird. Dann wird die Bodenklappe geöffnet, die Milch fällt in das Sammelbassin darunter, und die nächste Kannennummer ist dran.
An vielen Tagen werden Proben aus der Milch im Waagebecken genommen. Sehr oft sind es die Fettproben, das war lange Jahre hindurch die Aufgabe von Heinrich Schmidt, der neben der Waage stand und der die Proben dann in kleine Glasröhrchen füllte. Diese wurden in Schleswig oder Kiel untersucht. Oder es war Heinrich Clasen da, der in mehreren Meiereien der Umgebung die Haltbarkeitsproben nahm, dreimal im Monat. Es wurde die Qualität der Milch bewertet, Keimarmut und Sauberkeit waren hier die Kriterien. Dann gab es am nächsten Tag die Ergebnisse mit nach Hause. Das konnte an heißen Sommertagen der Fall sein, denn die Kühlmöglichkeiten auf den Höfen waren aus heutiger Sicht unzureichend. Und da Heinrich Clasen auch die Reinheit der Milch bewertete und den Schmutzanteil feststellte, hieß es allgemein: „De Schietkerl is dor“, obwohl gerade er zu denen gehörte, die stets im schneeweißen Kittel ihren Dienst taten.
Am Annahmepult steht dann entweder der Meierist oder seine Frau, Erwin oder Sigrid Sörnsen, oder auch, Johannes Möller, der Gehilfe. Die leeren Kannen wandern zur Ausgabe, eine Kanne zur Buttermilch und mehrere zum Magermilchhahn. Hier war der Arbeitsplatz von Hertha Schmidt, die die Kannen wieder befüllte. Die nicht benötigten leeren Kannen wandern auf die Rampe, wo jeder Fahrer seine Gruppe zusammenstellt. Einige Lieferanten legen Wert auf heißes Wasser zum Kannenwaschen. Dafür steht zwischen den Fenstern im Annahmeraum ein Holzbottich mit Wasser, in das ein Dampfschlauch geleitet ist. Und dann gibt es noch Molke, das ist der Rest der Milch, der beim Käsen übrigbleibt, ein hervorragendes Schweinefutter. So nehmen die Lieferanten, die auch Schweine halten, Molke mit, einige sogar mehr als ihre Milchmenge, sie haben dann oft unansehnliche, alte, verbeulte oder rostige Kannen, die nur für Woi gebraucht werden, denn Molke heißt auf Plattdeutsch Woi oder Wui.
Und so läuft bis in den frühen Vormittag hinein die Anlieferung. Die angelieferte Milch wird vorgewärmt und durch die Zentrifuge geleitet. Diese trennt Rahm und Magermilch, beide passieren nun getrennt den Plattenerhitzer, wo die Pasteurisierung erfolgt bei 98° Celsius. Dann geht der Rahm über einen Rahmkühler in den Rahmreifer oder in das Butterfass zum Ansäuern. Da schließt sich der Kreis zur Butterfertigung am nächsten Morgen.
Die größere Menge, die Magermilch, wird in das Magermilchbassin für die Rückgabe gepumpt, oder sie fließt in die Käserei. – Der letzte Wagen hat seine Milch gebracht und seine Rückfracht wieder verladen, die letzte Milch ist durch die Verarbeitung, nun folgt im Arbeitsablauf das Reinigen aller Maschinen und Gerätschaften. Und von den Fliesen des Annahmeraumes, jetzt hellgrau mit roten Einzelfliesen versehen, werden die Spuren der Anlieferung mit Wasserschlauch und Schrubber beseitigt. Das Frühstück der Meieristenfamilie läuft irgendwie im Wechsel zwischendurch.
Jetzt verlagert sich der Arbeitsschwerpunkt in die Käserei. Die Magermilch in den Bottichen hat inzwischen die optimale Temperatur, es wird Lab zugesetzt. Nach ca. 35 Minuten beginnt die Kesselmilch zu gerinnen, es entsteht eine feste Masse, der Bruch. Es beginnt das vor-sichtige Rühren, um die richtige Festigkeit zu erzielen. Ein Teil der Molke wird schon abgepumpt, der Bruch wird dann mit der Käseharfe geschnitten, und nach dem weiteren Abpumpen der Molke aus der Wanne geschöpft und in die vorbereiteten Käseformen auf dem Käsetisch gefüllt. Aus deren Lochung sickert weitere Molke heraus, der Käse wird fest.
Damit sind wir so um die Mittagszeit angelangt. Kennzeichen aller Meieristen ist die hohe Wertschätzung der Mittagsstunde, kein Wunder bei dem langen und intensiven Vormittag. Am Nachmittag ist noch der Käse zu wenden, im Lagerkeller zu wischen — ein Käse ist ein lebendes Wesen und bedarf der ständigen Pflege — das Salzbad ist zu betreuen, ab und zu ist Käse, rund oder eckig zu verpacken. Und es sind auch schriftliche Arbeiten im Kontor dran. Hier noch einmal die Mengen: Täglich konnten 3000 Liter Milch zu Käse gemacht werden, das ergab ca. 300 Kilogramm Käse. So entstanden entweder 75 Stück in Brotform oder 60 Käselaibe, rund.
Das Foto oben entstand beim 75. Jubiläum der Meierei am 19.1.1966. Es zeigt folgende Personen (von rechts, vordere Reihe): Peter Möller, Vorst.-Vors., Erwin Sörnsen, Betriebsleiter, Sigrid Sörnsen, Ehefrau, Hermann Koll, Vors. d. Aufsichtsrats. Hintere Reihe: Bernd und Erika Jürgensen, Mitarbeiter, Reinhold Gimm, Johannes NIssen, Hans Konrad Sacht, Heinrich Schmidt, Dieter Marxsen, Ernst-Otto Thiessen.
Hans Konrad Sacht
Der Bericht wird fortgesetzt

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