Nach der Lektüre von Herbert Wildfangs Bericht zum 200. Geburtstag von Claus Brix (5W-Aprilheft) wurde ich neugierig. Allzu gerne wollte ich nun mal etwas aus der Feder des Dichters lesen. Schnell erfuhr ich, dass seine Werke im Buchhandel aktuell nicht mehr erhältlich sind, aber im Antiquariat wurde ich fündig.
So halte ich nun seinen Sammelband „Fahrten aller Arten“ in den Händen, der 1875 erstmals erschien, dann noch immerhin fünf weitere Male aufgelegt und 1980 letztmalig nachgedruckt wurde. Darin enthalten sind plattdeutsche und hochdeutsche Reime in einer bunten thematischen Mischung. Der Autor gibt sich den Namen „Klas Brix“. Besonders angesprochen hat mich sein Gedicht vom Ukleisee (damals offenbar noch mit g geschrieben). Dort bin ich nämlich auch schon so einige Male gewesen.
Der Ukleisee in der Holsteinischen Schweiz zwischen Malente und Eutin gelegen, malerisch von einem alten Buchenwald umgeben, ist auch heute noch ein ganz besonderes Ausflugsziel. Ein etwa drei Kilometer langer Weg erlaubt es, den See bequem zu umrunden. Dabei hat man ständig das Gewässer im Blick. Der Buchenwald, welcher den See umgibt, bricht den Wind, sodass es am See häufig windstill ist und das Wasser, ganz so wie es der Dichter in seinem Gedicht beschreibt, still und spiegelblank funkelt. Eine ganz besondere Atmosphäre. Das hat Claus Brix vor 150 Jahren offenbar auch schon so empfunden.
Es ranken sich auch einige Legenden um den Ukleisee. So soll man dort heute noch an stillen Tagen die Glocken einer versunkenen Kapelle hören können. Vielleicht erzähle ich in einem der nächsten Hefte mehr davon. Jetzt soll aber erst einmal der Dichter Claus „Klas“ Brix mit seinen Versen zu Wort kommen.
Die Abbildung zeigt den Ukleisee als Lithographie aus dem Jahre 1859.
Ulrich Barkholz
De Uglei-See
Hebt ji al mal de Uglei sehn? –
Nich? – na, denn makt ju oppe Been.
Un is de Weg to lang to gan,
So rutscht ji längs de Isenbahn.
De ganze Streck vun Preetz dör Ploen
Hen na Eutin is wunnerschön;
Un sett ji dar de Been in Schwung,
so is’t ja man en Kattensprung.
So sünd ji ut dat Weltgetümmel
Versett in’n stillen Uglei-Himmel.
Ach, ik verget de Abend nie. –
En himmlisch-söte Phantasie
De zaubert mi so rein un mild
Noch jümmer vör dat Uglei-Bild.
Dar sta ik an de stille See:
O je! o je! o je! o je! –
En depe See, inslaten ganz
Vun’n dichte Bökenbömer-Kranz;
En Bild, keen Pinsel kann et malen,
Un’t is mit Geld nich to betalen.
De spegelblanke Uglei-See,
Wo still un prachtvoll! nee, ach nee! –
De dichte Höltung liggt tom Schutz
Un bütt vör Wind un Störme Trotz.
Hier is’t so ruhig un so still,
As wenn uns Pastor beden will,
Un blot son Fiselsnack ut’t Rohr
Dringt uns so geisterhaft in’t Ohr,
As wull man in Vertru’n berichten
Uns ole trurige Geschichten.
So sta ik mutterseel’n alleen,
Keen Minsch to hören un to sehn.
Mit eenmal dukt son helle Kopp
Dicht achtern Bökenkranz herop;
De nickt so fründlich, makt sin Knix
Un gröt’t: „Gunab’nd, gunab’nd Klas Brix!“
Un ik, ik richt mi hoch in Enn
Un lang na em mit beiden Hänn’n:
„Gunab’nd, gunab’nd in Gottes Namen!
Na ole Fründ, bist endlich kamen?
Wull stunnenlang heff ik her stan.
Un wull nich vun de Platz afgan;
Ik wüst, dat du hier langspazerst
Un dacht, wenn du man kamen weerst;
Ik dacht: Kömmt hier de Mand herlang
Mit sin Gesicht so hell un blank
Un speegelt inne Uglei sik.
Denn kriggt dat Bild erst Art un Schick;
Dat kömmt dat Bild erst recht to statten,
Denn sin Gesicht bringt Licht un Schatten.
So hef ik dacht, – nu kann ik sehn. –
Ach wat een Pracht, wo wunnerschön! –
Mi is’t um’t Hart so wonnig weh
An disse stille Uglei-See. –
Nu segg mi awer, is dat wahr,
Di is’t ja doch bekannt un klar,
Is dat hier wirklich ́mal passeert
Dat hier en Mägden is verföhrt,
Dat soveel Tranen hett vergaten,
As disse deepe Slucht kann faten?“
„Ach“, seggt de Mand, „ach nee, Klas Brix,
dat is son Sag‘, un wieder nix;
Du sühst ja op den ersten Blick,
Dat is uns‘ Herrgott’s Meisterstück. –
Hest du tom Maler ok Genie
Un malst du ok en schön Copie,
So blift dat gegen‘t Or’ginal
Doch Pfuscherkram op jeden Fall. –
Vör’t Or’ginal ‚tom stillen Freden‘
Fold’t Jeder still sin Hänn’n tom Beden.“
Klas Brix