Großflächiger Stromausfall in Angeln: Nichts ging mehr

Während im Süden und Westen Deutschlands vielerorts durch Unwetter und Starkregen Landunter zu beklagen ist, viele Menschen ihr Hab und Gut und leider auch ihr Leben verloren haben, hört man hier in Angeln: Ach gut, dass es hier bei uns nicht passieren kann! Wir wohnen hier doch gut! – Bei den ganzen Berichten im Fernsehen vermissten wir, wie es der Bevölkerung auf dem Land dort wohl gehen mag und den Tieren, die ja auch aus den Ställen gerettet werden mussten. Es wird überlegt, ob eine Elementarversicherung abzuschließen sei, um auf der sicheren Seite zu sein. Es wird diskutiert, ob Ost- oder Nordsee bei uns ankommen und wie lange es wohl dauert, bis es wirklich so weit ist. Momentan erleben wir hier in Angeln einen sehr schönen Sommer. Niemand muss um seine Ernte bangen. Auch die Corona-Lage ist zurzeit entspannt und Vieles wieder möglich.
Wir waren beim Einkaufen. Da flackerte plötzlich das Licht. Ich dachte: „Wenn jetzt der Strom ausfallen würde…“ Aber das passierte nicht. Dann standen wir mit unseren Einkäufen in der Warteschlange vor der Kasse. Es flackerte wieder – etwas stärker. Dann wurde es duster im Laden. Die immer im Hintergrund dudelnde Musik verstummte. Ich dachte: „Doch ein Stromausfall, na das kann ja nicht lange dauern. Bestimmt ist irgendwo eine Sicherung raus!“ Also warteten wir ruhig ab, mit uns auch Bekannte. Wir schnackten über dies und das und dachten, dass es gleich wieder hell im Laden würde: „Wenigstens ist hier kein Wasser.“ Und wir sprachen über das Unglück, das so viele woanders ereilt hatte. Ach, es ging uns ja nicht schlecht! Die meisten suchten sich aus den Regalen noch das Gewünschte heraus. Stockduster war es ja nicht, und von außen schien etwas Licht herein. Es dauerte und dauerte. Es tat sich nichts, auch keine Info über die Lautsprecher. „Man könnte uns ja sagen, was los ist – ach nee, das funktioniert dann ja auch nicht.“ Das Personal begann hektisch hin- und herzulaufen. Wir hörten: „Wir wissen auch nichts!“ Nach ungefähr 30 Minuten wurde bekannt, dass es sich um eine größere Sache handeln müsse, weil jemand übers Handy die Nachricht bekommen hatte, dass in Kappeln auch alles „tot“ sei. Wir beschlossen, nach draußen an die frische Luft zu gehen, denn es war ein heißer Tag. Die Klimaanlage funktionierte auch nicht mehr, und ganz verstohlen hatte sich der eine oder andere die Maske schon unter die Nase geschoben – wir auch. „Ist ja nicht mehr auszuhalten!“
Da standen wir nun vorm Laden. Sollten wir nun warten oder nicht? Einige kamen angefahren und wollten einkaufen und wurden belehrt, dass es momentan nicht möglich sei. Fassungslosigkeit auf den Gesichtern. „Wieso denn nicht?“ – „Ach so.“ – „Ach, deshalb ging die Ampel nicht!“ Ich hatte genug vom Warten. Es war heiß, ich hatte Durst und außerdem war ja gleich Mittag. „Was ist mit unserem vollen Einkaufswagen?“ – „Der steht doch gut da drinnen. Später können wir ja vielleicht wieder herfahren.“ Der Parkplatz leerte sich nach und nach. Nicht mal beim Bäcker konnte man einkaufen, ist ja alles elektronisch bei den Kassen. Wir fuhren los. Ich stellte fest, dass mein Handy auch kein Netz hatte. Im Autoradio kam dann die Nachricht, ein Bagger in Rabelsund hätte die Hauptstromkabel über der Schlei gekappt. Der arme Kranfahrer! „Ob wir dann zu Hause in Schnarup auch keinen Strom haben?“ „Doch, ist bestimmt ein anderer Stromkreis!“ Die Erdbeeren hatten wir schon vorher beim Stand mitgenommen. Aber die hätten wir nun noch kaufen können. Zu Hause angekommen mussten wir feststellen, dass es ein kaltes Mittagessen geben musste. Buttermilch und Zwieback mit ein paar reingeschnippelten Erdbeeren, bei der Hitze sowieso das Beste und eine Erfrischung. Wir saßen auf der Terrasse und genossen das leckere Mahl. Und zur Kaffeezeit konnten wir wieder die Kaffeemaschine starten.
Gegen Abend fuhren wir nach Süderbrarup und stellten voller Freude fest, dass unser Einkaufswagen noch genau dort stand, wo wir ihn hatten stehen lassen. So schnell hatten wir lange nicht eingekauft! Alles war, als wäre nie was gewesen. Das ist in den Unglücksgebieten sehr viel anders.
Herta Andresen

Foto: Angelina Ströbel/pixelio.de

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