Zu Beginn der kalten Jahreszeit: Eine Ofengeschichte

Die kalte Jahreszeit hat begonnen, und ich freue mich wieder mal, dass wir noch zwei „richtige“ Öfen besitzen. Ein Kachelofen steht im Wohnzimmer. Man kann eine Tür öffnen, um etwas zum Warmhalten hineinzustellen oder ein Körnerkissen darin wärmen für die kalten Füße. Und mit etwas Geduld ist es auch möglich, darin Bratäpfel zuzubereiten. Der andere dient in der Küche zum Kochen, was wir sehr oft in Anspruch nehmen. Auch ist es dann in der Küche so gemütlich. Natürlich macht so eine Feuerstelle etwas Arbeit, denn es ist klar, dass Holz hereingeholt werden muss, Aschenschubladen geleert werden müssen und der Staubsauger öfter gebraucht wird. Der Vorteil zu früheren Zeiten: Man muss die Öfen nicht benutzen, man kann. Eine Heizung ist ja heutzutage vorhanden und auch ein Elektroherd. Aber sollte der Strom ausfallen, wäre ein Feuerherd sehr nützlich. Ich möchte unsere Öfen keinesfalls missen!
Ab und zu kommt natürlich der Schornsteinfeger. Meistens passt es dann gerade nicht – wie das denn so ist! Aber es macht nicht so viel Dreck wie in früheren Zeiten. Bei uns muss leider, damit der Schornsteinfeger an die kleine Klappe im Schornstein herankommt, ein Schreibtisch und eine Kommode von der Wand abgerückt werden, und wenn der Schornstein gefegt worden ist, natürlich dahinter gewischt und alles abgesaugt werden. Das ist nichts zu der Arbeit, die man früher in den Küchen damit hatte.
Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie es war, wenn der Schornsteinfeger mit seinem Fahrrad bei uns auf dem Hofplatz ankam: Ich höre noch, wie meine Großmutter rief. „Oh nä, door kümmt de swatte Mann! Dat passt mi hüüt ober gaarnich!“ In der Küche neben dem Herd befand sich eine sehr große Klappe, die wurde geöffnet und dann tat der „Swatte Mann“ seine Arbeit, alles wurde dabei von einer Rußschicht überlagert. Es war noch so ein begehbarer Schornstein. Es wurde zwar manches noch mit Zeitungspapier abgedeckt, aber trotzdem musste anschließend gründlich geputzt werden. Mutter und Großmutter hatten danach genug zu tun.
Damals wurde Kindern noch manchmal mit dem Schwarzen Mann gedroht, wenn man nicht gehorcht. Ich habe mich, wenn der Schornsteinfeger kam, als ich noch nicht zur Schule ging, unter dem Sofa im Wohnzimmer verkrochen. Irgendwann später entdeckte ich, dass „unser“ Schornsteinfeger ein netter Mensch war. Er machte Scherze, und es wurde ja auch erzählt, dass Schornsteinfeger Glück bringen!
Als ich im Pflegedienst tätig war, habe ich noch oft morgens Öfen in Gang gebracht. Da gibt es ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. Es war ein sehr nebliger, noch fast dunkler Morgen, und ich hatte einen Einsatz in einem alten Strohdachhaus an der Schlei. Der Weg dorthin war kurvig und eng. Der Nebel machte das Fahren nicht besser; ich war auch erst einmal dort gewesen. Nachdem ich wieder hingefunden hatte und durch die Waschküche in der Küche angelangt war, guckte ich auf die Uhr und sah, dass ich schon eine Viertelstunde zu spät war. Die Pflegekundin hatte mitten in der Küche ihr Bett stehen. Sie konnte nur noch ein paar Schritte gehen und konnte so alles erreichen, auch den Herd, und alles andere war griffbereit. Nun lag sie aber noch im Bett und wartete auf die Morgentoilette. Außerdem bereitete der Pflegedienst ihr anschließend immer das Frühstück. „Ik dach door kümmt hüüt keener!“ war die Begrüßung. Ich entschuldigte mich und erzählte, wie neblig es sei. Dafür hatte sie Verständnis. „Denn bööt man erst Füür, dormit dat warm ward! Denn kannst ok glieck Eierwater opsetten!“ Gesagt, getan. Buschholz war in einem Eimer, der Holzkasten voller Holz, und ein Stapel Zeitungspapier zum Anzünden lag auf einem Stuhl. Aber oh weh! Es wollte gar nicht anbrennen! Dicker Qualm quoll heraus aus allen Ritzen des Herds. Im Nu war die Küche voll davon. Was tun?? Ich riss die Tür zur Waschküche auf. Was sollte ich nun tun? Ich reichte der Frau ein Handtuch das sie sich vors Gesicht halten sollte. Wir husteten beide. „Maak de Döör too!“ rief diese, „und denn maak de Schosteenklapp open! Und denn schmitts du door een Zeitung rinn!“ Das tat ich. Ich knüllte ein Stück Zeitung zusammen und warf es in die offene Klappe. „Nich tohoopenknüllen! Dat ganze Blatt an een Eck anfengen und rinn dormit!“ Tatsächlich! Die Zeitung entschwand nach oben in den Schornstein und der Qualm ließ nach. Dem Himmel sei Dank! Danach wurde erstmal gelüftet. Ich war so froh über die klare Anweisung der alten Dame und hatte etwas dazugelernt. Diesen Nebelmorgen, dazu noch so einen verqualmten, werde ich nie vergessen!
Herta Andresen