Nach Corona-Ausfall: Endlich wieder Brarupmarkt!

Da saßen wir endlich wieder in dem Café auf dem Brarupmarkt mit unseren geliebten Apfeltaschen auf dem Teller und schauen von hier aus dem Treiben zu. Wir hatten Glück, die Sonne schien, momentan sah es nicht nach Regen aus. Es war noch nicht allzu viel los, noch relativ früh, 17 Uhr. Wir konnten noch einen guten Platz ergattern. Dort hatten wir einen guten Blick auf das Vorbeiflanieren der Marktbesucher. Es füllte sich allmählich. Wir stellten fest, noch nie so viele tätowierte Menschen gesehen zu haben. Überall stellten sowohl junge als auch alte Leute ihre bebilderten Arme und Beine zur Schau. So was gab`s früher natürlich nicht, das täten nur Seeleute und Gangster, hieß es. Heute ist es Normalität. Alles Geschmacksache, meinten wir, wenn’s nicht übertrieben wird.
Als ich noch zur Schule ging, da war für mich der Brarupmarkt immer ein Schlusspunkt, denn leider waren dann die Sommerferien zu Ende. Meist war ich in den Ferien in Schönhagen bei Onkel und Tante. Diese fuhren mit mir zum Abschluss noch zum Markt und lieferten mich danach wieder zu Hause ab. Meine Mutter fuhr mit uns meist per Fahrrad zum Jahrmarkt, dann wurden die Fahrräder ganz in der Nähe bei Kraak abgestellt. Bei schlechtem Wetter nahmen wir die Kreisbahn. Bevor es überhaupt losging, wurden wir bei Oma und Opa vorstellig. „Na, wölln ji nu to Brarup? Denn mööt ji woll noch een beeten hem!“ Dann gab es meistens 5 Mark. In Kappeln gab es auch einen Jahrmarkt, der war aber im Vergleich zum Süderbraruper absolut mickrig. Als ich etwas größer war, fuhr ich trotzdem mit dem Fahrrad dorthin, schon wegen der Musik und dem Kettenkarussell, es genügte mir schon, einfach dort zu sein. Denn das Taschengeld war knapp, und Markt-Geld gab es nur für den richtigen, den Brarupmarkt!
Früher gab es dort noch die Boxbude. Ich fand es immer sehr spannend, wie sich die Schlüter-Truppe vor dem Eingang präsentierte, ihre Muskeln zeigte und versuchte, junge Männer zu überreden, sich ein paar Mark zu verdienen mit einem eventuellen Sieg. Ich wäre gerne mal mit hineingegangen und hätte mir das Spektakel angesehen, das gab’s aber nicht. Das war nichts für meine Mutter! Sie sagte immer: „Na, da haben sie wieder einen Dummen gefunden. Der kommt mit einem blauen Auge oder einem Jackvoll wieder raus.“ Langweilig war es, wenn die Erwachsenen Bekannte trafen. Dann ging es einfach nicht weiter. Wir Kinder standen da und mussten warten. Es wurde geschnackt und geschnackt. Alleine loslaufen ging ja nicht. Es war zu voll, man hätte sich nicht wiedergefunden in der Menschenmenge, und davor hatte ich Angst. Bei den Losbuden konnte ich es nicht lassen, ein paar Lose zu kaufen und ärgerte mich hinterher, dass es nur sinnlosen Kleinkram gab oder Nieten. Wer nicht wagt, der gewinnt auch nichts, aber so kann man sein Geld loswerden. Das Kettenkarussell zog mich besonders an, und ein paar Schlickstangen mussten auch sein und ein Lebkuchenherz, das dann noch lange irgendwo in meinem Zimmer hing. Zuletzt war es so hart, dass man es nicht mehr essen konnte und weggeworfen wurde. Für die Großeltern als Mitbringsel kaufte meine Mutter immer Honigkuchen, es hieß: „Aver vergitt nich unse Honnigkoken!“ Ich verstand nie, wie man das klebrige Zeug mögen konnte. Ich mochte lieber die Waffeln.
Als ich dann erwachsen war, ging’s weiter jeden Sommer zum Brarupmarkt, es gehörte einfach dazu. Das Feiern im Zelt war nicht unsere Sache, aber man traf sich mit Freunden und Bekannten und lief seine Runden, aß eine Wurst oder sonstige Leckerei, die es ja reichlich dort gab. Einmal ließ ich mich zum Karussellfahren überreden und musste es bereuen, denn ich konnte nach dem Aussteigen nicht mehr geradeaus gehen, mir war sehr lange schlecht und schwindlig. Wie schön war es aber, im Riesenrad zu sitzen und von oben über Süderbrarup und Angeln zu schauen! – So vergingen die Jahre.
Unfassbar, dass der Brarupmarkt dann tatsächlich, wie so vieles andere auch, während der Corona-Zeit ausfallen musste.
Im letzten Jahr bin ich nur kurz hingefahren, um uns Apfeltaschen zu holen. In diesem Jahr haben wir endlich wieder unsere Runden auf dem Markt gedreht. Inzwischen sind wir mehr zu Beobachtern geworden. Ich wäre gern noch mit dem Riesenrad gefahren, aber es sah sehr nach einem nächsten Regenschauer aus, und dann würde man garantiert auf der Fahrt sehr nass werden. Als wir zum Parkplatz zurückgingen, war vor uns ein älterer Herr, wohl mit seinem Enkel. Der etwa Sechs- bis Achtjährige redete auf den Opa ein, als wäre er sehr unzufrieden und hätte nicht das bekommen, was er gerne gewollt hätte. Der vermeintliche Opa sagte laut und sehr ärgerlich: „Jetzt hör aber endlich damit auf. Das war sonst das letzte Mal!“ Irgendwie kam mir diese Szene sehr bekannt vor…
Herta Andresen

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