Chronikbericht, Teil 3: Die Meierei in Thumby

Die weiteren Jahre bringen laufend neue Mitglieder. Diejenigen, die sich anfangs noch nicht entschließen konnten, wurden durch den steigenden Erlös bekehrt. Mehrere Eslingholzer kamen 1894 mit 40 Kühen dazu. Ein Beschluss mutet uns heute seltsam an: Lieferanten, die im Haushalt Margarine verwenden, werden in jedem Fall mit 30 Mark Strafe belegt. Das Einzugsgebiet umfasst zu dieser Zeit die Ortschaften Thumby, Schnarup und Köhnholz, dazu Eslingholz, Schnarupholz, Stießholz, Treholz, Ekebergsee und Lüttholm.
1895 wird Heinrich Börnsen, Schnarup (Schnaruper Str. 27), Vorsitzender, Jacob Thiesen, Köhnholz, und Andreas Möllgaard, Thumby-Hassel, kommen dazu. Im April 1897 soll ein Beschluss gefasst werden „zur Abänderung des Übelstands des langen Wartens in der Meierei behufs Beförderung und Ablieferung der Vollmilch und Erhaltens der Magermilch“. Die Meierei war ständig gewachsen, die Anlage erwies sich als zu klein, 1901 dann wurde ein neuer Separator (Zentrifuge) angeschafft mit einer Leistung von 14001/Stunde. Im gleichen Jahr erhält die Meierei einen größeren Dampfkessel, 15 m² Heizfläche, 7 ATÜ, 1950 Mark waren die Daten dieses Kessels, der bis 1965 seine Dienste tat. Ein Jahr später kam eine neue Dampfmaschine hinzu. Wir müssen heute bedenken, dass dies der zentrale Antrieb war. Die Dampfmaschine trieb die lange Transmission an der Nordwand des Betriebsraumes an. Hiervon übertrugen lange Ledertreibriemen die Kraft auf die einzelnen Maschinen, wie Zentrifuge, Pumpen und durch die Wand und, reduziert, auf das Butterfass.
Auch das Bemühen um die Qualität ist aus den Protokollen zu sehen. Schon damals gab es eine Untersuchungsstelle in Kiel, die von Zeit zu Zeit die Milch untersuchte. Ein Lieferant fiel auf wegen einer kranken Kuh: Ihm wurde aufgetragen, seine Kuh vor dem nächsten Kalben zu verkaufen, doch nicht an Lieferanten dieser Meierei. Die Milch eines weiteren Lieferanten war sauer gewesen, er sollte in Zukunft zweimal täglich liefern. Die Meierei Thumby beteiligte sich an Butterausstellungen. So befinden sich in unserem Hause noch 3 Medaillen aus der Zeit meines Großvaters Hans Sacht, und zwar von der DLG-Ausstellung 1905 in München, 1906 in Berlin und von der dritten Milchwirtschaftlichen Provinzialausstellung 1907 in Kiel. Ferner gab es eine Anerkennungsurkunde. Ähnliche Auszeichnungen hat es auch in anderen Zeiten gegeben, aus der Zeit des Betriebsleiters Sörnsen weiß ich das mit Sicherheit.
Wie war der Weg der Butter zum Verbraucher vor dem Ersten Weltkrieg? Es gibt aus 1901 einen „Contract“ mit einer Butterhandelsfirma Lentz und Beneke in Hamburg. Hier wird vereinbart, 8 Mark unter Hamburger Notierung zu zahlen. Ein weiterer Contract liegt vor aus 1906. Hier verpflichtet sich die Butterhändlerin Anna Maria Callsen aus Sörup, die gesamte Produktion zu übernehmen. Der Preis richtet sich nach der Hamburger Notierung. Die Butterhändlerin hat eine Kaution zu stellen, 2500 Mark. Die Meierei verpflichtet sich „gutes reichliches Gewicht zu geben, fehlerfreie Ware zu liefern und den Wünschen der Firma Rechnung zu tragen“. Es ist heute anzunehmen, dass die Butter von Sörup aus mit der Bahn in die Verbrauchergebiete befördert wurde. Sörup war seit 1881 Bahnstation.
Ein weiterer Weg ist mir aus unserer Familiengeschichte bekannt. So begann mein Großvater Hans Sacht schon in seiner Zeit als Betriebsleiter ein nebenberufliches Butterversandgeschäft und übernahm einen Anteil der Butterproduktion der Thumbyer Meierei. Das mag so um 1910 gewesen sein. Er hatte vor, diesen Erwerbszweig zu verstärken und schied 1914 als Betriebsleiter aus. Ich habe noch Geschäftsbücher gesehen, Kunden wohnten in Berlin und Sachsen, es waren vielfach Offiziers- und Beamtenfamilien, die in Abständen „Postkolli“ mit Butter erhielten, ich meine, jeweils 9 Pfund Gewicht. Der Transport ging von Mohrkirch aus mit der Bahn als Expressgut. Das muss gut organisiert gewesen sein, sodass die Butter in guter Qualität bei den Kunden ankam und spricht für die Leistungsfähigkeit der damaligen Bahn. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs war dieser Absatzweg beendet. Hans Sacht musste Soldat werden, 1919 starb seine Frau und die Kundenschicht war verarmt oder nicht mehr vorhanden. Damit war der Erwerbszweig Butterversand in unserer Familie beendet.
Der Bericht wird fortgesetzt.
Hans Konrad Sacht