Schulfrühstück früher. Peinlich: Schluckauf

Mein Frühstück vor der Schule (vor über 65 Jahren) bestand meist aus zwei oder drei gehäuften Esslöffeln Haferflocken der Marke Kölln. Auf diesen Haferflockenberg streute ich reichlich Zucker und obendrauf noch den ganz normalen Kakao; heute nennt man ihn Backkakao. Dann wurde das Ganze mit dem Löffel durchmischt und danach mit kalter Milch – von unseren Kühen – übergossen. Durch ein Sieb natürlich, denn die dicke Haut auf der abgekochten Milch war mir ein Graus. Mein Opa sagte immer: „Dat is de Meierist sien Ünnerbüx!“ Dieser Spruch machte es mir nicht appetitlicher. Ab und zu gab es statt der feinen auch die kernigen Flocken und seltener Cornflakes, die liebte ich besonders.
Heutzutage wird eine unglaubliche Vielfalt aller möglichen Müslimischungen (Cerealien sagt man wohl heute dazu) angeboten, mit oder ohne Früchten oder irgendwelchen Kernen. Sogar mit Schokostückchen und tropischen Früchten mit oder ohne Zuckerzusatz. Jede Firma bietet ihr eigenes großes Sortiment an. Die Marke Kölln gibt es immer noch, jedoch gehört sie nicht zu den preiswerten Angeboten. Man hat die Qual der Wahl. Wobei für uns nur das „Normale“ in Frage kommt, und frische Früchte oder Kerne fügen wir selber hinzu. Was sich geändert hat, ist, dass wir statt der Kuhmilch schon jahrelang Hafermilch verwenden.
Zu meiner Schulzeit wurde morgens oft Marmeladen- oder Schmalzbrot gegessen. Brötchen waren die absolute Ausnahme. Mein Schulfrühstück bestand aus zwei Scheiben Schwarzbrot, meistens belegt mit Mettwurst aus eigener Herstellung, eingewickelt in Butterbrotpapier. Es musste sorgfältig verstaut werden, damit die Schulsachen nicht fettig wurden. Später bekam ich dann eine Brotdose aus Blech. Ich hatte auch häufig Äpfel in meiner Schultasche, von denen ich gerne welche abgab. Das Brot tauschte ich manchmal mit einer Mitschülerin, die ein leckeres Leberwurstbrötchen zu vergeben hatte. Ich werde diesen Schulpausengenuss nie vergessen. Es war sooo lecker! Der Mitschülerin hat‘s auch gut geschmeckt, sonst hätte sie sich auf den Tausch wohl nicht eingelassen. Ihr Elternhaus befand sich in der Nähe des Bäckers und für sie waren Brötchen nichts Besonderes mehr. Wir konnten in der Schule in Kappeln Milch oder Kakao bekommen, ein Viertelliterpack mit einem dazu gehörenden Strohhalm. Diese Milch schmeckte mir natürlich auch besser als die Milch zu Hause. Schon wegen des Strohhalms.
Neben unserer Dorfschule befand sich der Bäckerladen. Ab und zu liefen wir in der Pause schnell mal über die Straße, um uns ein Brötchen zu holen. Wir durften uns nur nicht erwischen lassen. In Kappeln war der Dehnthofbäcker etwas weiter entfernt vom Gymnasium, aber machbar war es, in der großen Pause hinzurennen. Das habe ich mich nie getraut und mir lieber ein Brötchen mitbringen lassen von den Mutigeren. Ein ganz normales Brötchen kostete damals 7 Pfennig. Soviel Auswahl wie heute war nicht vorhanden. Einige kauften schon damals gerne ein Schokokuss-Brötchen, wie man sie heute nennt. Mein Taschengeld war mit einer Mark in der Woche knapp bemessen. Ich sparte es mir lieber für das 20-Pfennig-Eis auf. Das gab es auf dem Heimweg in Kappeln am ZOB oder in Faulückfeld am Kreisbahnhof.
Mir passierte es als Schulkind ziemlich oft, dass ich einen Schluckauf bekam, meist in der Pause auf dem Schulhof. Drinnen in der Klasse war ich den lästigen Hickser dann immer noch nicht los, das war so peinlich! Alles kicherte und blickte zu mir hin. Ich bildete mir ein, dass mein Mettwurstbrot daran schuld war und die Kälte auf dem Schulhof das Ganze in Gang setzte. Meine Oma hatte gegen Schluckauf einen ganz besonderen Spruch auf Lager, der dreimal hintereinander und ganz schnell gesprochen das Hicksen stoppen sollte.
„Schluckopp, Hickopp, loop lang de Luuk op, loop lang de Ledder, kumm ok nich wedder!“ Außerdem fragte sie mich immer, was es denn gestern zu Mittag gegeben hätte und an dem Tag davor. Das Drüber-Nachdenken und die Luft anhalten sollte dem Schluckauf auch abhelfen. Manchmal funktionierte es tatsächlich, oft auch nicht. Irgendwann hört ein Schluckauf von selber auf. Der Spruch ist mir im Gedächtnis geblieben. Natürlich kommt er mir immer bei Schluckauf in den Sinn und ich habe ihn schon öfter als guten Rat weitergegeben: Schluckopp, Hickopp…
Herta Andresen

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