Vor 65 Jahren: Als Postbotin durchs Dorf

Ich war in den Jahren 1958 und 1960 mal Briefträgerin. Das gefiel mir sehr. Damals fanden die Posthalter in Thumby keine Vertretung, um Urlaub zu machen. Zu der Zeit waren die Schlotfeldts in Thumby Posthalter. In einem Zimmer, das von außen Eintritt hatte, wurden Briefe sortiert, Renten erhalten und alle Postsachen erledigt. Ich bewarb mich um die Urlaubsvertretung.
Dafür musste ich mit der Eisenbahn von Ekebergkrug nach Schleswig und mich bei der Post vorstellen. Man wollte meine Papiere und den Ausweis sehen, und anschließend wurde ich vereidigt. Ich freute mich und konnte sofort für volle sechs Wochen per Fahrrad mit meinem Dienst beginnen. Meine Route war die Schnaruper Straße und die Dorfstraße Richtung Uelsby. Es machte mir Spaß. Mutter betreute unseren Sohn, und am Nachmittag war ich zuhause.
Am Monatsende musste ich neben der Postverteilung auch alle Rentner besuchen und ihnen ihre Rente ins Haus bringen. Da ich alle Bewohner in Thumby und Schnarup kannte und sich alle zu ihrer meist kleinen Rente freuten, war das ein freudiger Tag. Manchmal fiel auch ein 50-Pfennig-Stück für mich ab. Zu einer Rentnerin kam ich, als sie gerade mit den Nachbarinnen ihren Geburtstag feierte. Sie bat mich ins Wohnzimmer und meinte, soviel Zeit hätte ich doch wohl für ein kleines Gläschen und ein Stück Kuchen. Natürlich nahm ich die Einladung an, es war ein richtig fröhlicher Moment. Zuletzt fuhr ich wie immer zur Post, um die Abrechnung zu machen. Da bekam ich einen großen Schreck: Oh weh, ich hatte noch die volle Rente der Jubilarin in meiner Posttasche. Sofort fuhr ich zurück, um ihr das Geld auszuhändigen. Sie selbst hatte es noch gar nicht bemerkt. Fröhlich nahmen wir Abschied.
Es war noch eine ganz andere Zeit aber das Leben klappte auch. Leider konnte ich die Arbeit in den weiteren Jahren wegen Krankheit nicht ausführen. Später hat jemand anderes diese Tätigkeit übernommen. Es war halt so, aber ich erinnere mich gerne.
Gerda Zielke

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