Sicht eines alten Nachbarn: Der Thumbyer Pastoratspark und seine Umgebung (7)

Und nun zu den drei Pastoraten, die ich miterlebt habe. Über das alte Pastorat von 1797 habe ich vorne geschrieben. Nach der Amtszeit von Pastor Heinrich Godt lief die Diskussion in den zuständigen Gremien, was sinnvoller sei, eine Anpassung des alten Pastorats an die neue Zeit, Heizung, Fenster, Installation usw.. Das Landeskirchenamt, der Hauptgeldgeber, empfahl mit Nachdruck einen Neubau am gleichen Platz. So geschah es. Um den Jahreswechsel 1967/68 bezogen der neue Pastor Dr. Gerhard Schröder und seine Familie das neue Haus. Und von 1981 bis 2002 bewohnte sein Nachfolger, der Pastor Klaus Ziehm, dieses Haus.
Doch dieses Haus hatte seine Schwächen, die sich immer mehr herausstellten. So war die Isolierung schlecht bedacht; es gab Kältebrücken. Die Folge war Schimmelbildung, die nicht zu beheben war. Dieser Bau schien aus vielen Baufehlern zu bestehen. So entstand in der Zeit des Pastors Christoph Tischmeyer (ab 2002) die Frage, wie das Problem zu lösen sei.
Das entwickelte sich zur Frage Sanierung oder Neubau nach Abriss dieses Hauses, das gerade 40 Jahre alt war. Ein Preisvergleich gab den Ausschlag. Im Januar 2010 konnte die Einweihung des neuen Pastorats offiziell begangen werden, das dritte Pastorat, das ich miterlebte.
Gleichzeitig mit dem Pastorat wurde das neue Gemeindehaus zusätzlich erbaut. Es steht westlich des Vorplatzes, genau dort, wo das mehrfach umgebaute alte Wirtschaftsgebäude stand. Das Gemeindehaus öffnet sich mit der Fensterfront zum Pastoratspark hin, man blickt auf die Bäume vor dem Fenster, dazwischen liegt nur die Terrasse, eine gelungene Verbindung von Innenraum und freier Natur. Auf der Ostseite entstand nach wenigen Jahren ein Holzschuppen, als Carport und Schuppen, eigentlich ein Dreiseithof. Im Zentrum dieses Dreiseithofs steht die alte Linde, und so verbindet sich Altes mit Neuem. Der Pastoratspark in Thumby ist ein eigenständiges Landschaftselement, aber auch eingebunden in ein Netzwerk von anderen Naturteilen. Da ist der Friedhof um die Kirche gleich nebenan, umstanden von hochragenden Linden, die ihn nach Norden gegen die Koppel abschließen. Dann ist da der typische Friedhofspflanzenbestand mit immergrünen Koniferen bis zu den niedrigen Grabbepflanzungen hin mit viel Freiraum für älteren Rasen. Westlich angrenzend der sogenannte Witwenplatz mit jüngerem Baumbestand und dahinter der Rest des Schulwalds, um 1960 entstanden. Dann geht das Ortsbild über in die Vielfalt der Hausgärten des Ortskerns Thumby mit alten und neuen Gehölzen und Zäunen aus Weißdorn, Liguster bis zur schmerzhaften Berberitze hin, ein buntes Gemisch.
Nach Osten umgeben Park und Friedhof die bebuschten bis bebaumten Böschungen beidseitig des schmalen Wiesentals, das vom offenen Wasserlauf der Au geprägt ist. Das zieht sich bachaufwärts bis Fresenburg hin und abwärts bis dahin, wo sich das Teil erweitert. Dann sind wir südlich von Pastorat und Park. Es beginnt eine weite Grünlandfläche, die den Blick freigibt bis nach Struxdorf hin, ca. 1 km freie Fläche, die ich nicht anders kenne. Sommertags ist diese Grünlandfläche erfüllt von verschiedenen Rindergruppen aus Schnarup-Thumby oder Struxdorf, eine sichtbar lebendige Landschaft. So grenzt der Pastoratspark an Kirche und Dorf, aber auch an die offene Landschaft. Ich zitiere aus dem vorne angegebenen Buch des Biologen Wendland: „[Es] steht der etwas verwilderte Park von Thumby-Struxdorf mit seinen Teichen – trotz aller Kompromisse bei der Pflege – im sinnvollen Kontrast zu der angrenzenden Agrarlandschaft, wo die alten Mergel- und Tränkkuhlen längs verfüllt wurden, wo kein sandiger Feldweg mehr die Rebhühner zum Baden lädt, sondern die Rindviecher missmutig auf dem Asphalt zu traben genötigt sind, wo nur noch wenige Überhälter auf den Knicks dem Bussard als Ausguck dienen, um auf natürlichem Wege der Mäuseplage Herr zu werden.“ (S.497)
Dieser Satz ärgert mich, weil er unwahr ist. Seit ca. 50 Jahren bewirtschaftet unsere Familie die um den Pastoratspark angrenzenden Flächen als Grünland, überwiegend als Weide. Bis heute gibt es hier keine Asphaltstraße in diesem besprochenen Bereich, und es ist in den nächsten hundert Jahren hier keine zu erwarten. Und der Missmut der Rinder ist schwer erkennbar, vielleicht nur dem Autor möglich. Im Gegenteil: Es herrscht bei uns im Kuhbestand sichtbar Freude, wenn es im Frühjahr wieder losgeht mit der Freiheit auf der Weide. Und die Mäuseplage hielt sich in unserer Zeit in vernünftigen Grenzen. So werte ich die vom Autor dargelegten Vorwürfe als unwahr und als aus der Luft gegriffen.
Und jetzt noch ein Sprung in die Historie: Fragt man: Was war vor dem Pastorat von 1797? Fest steht, dass das Pastorat 1624/25 von Struxdorf nach Thumby verlegt wurde. Warum? Wir wissen, dass mit dem Wohnplatz, neben der schon lange bestehenden Kirche, auch ein landwirtschaftlicher Grundbesitz von 20 bis 30 ha verbunden war plus 8 ha Wald in Köhnholz. Das gilt auch dann, wenn vor der Verkopplung um 1770 der Eigentumsbegriff ein vollkommen anderer war.
Aber gehen wir von einem Hof neben der Kirche aus, dann ist es beachtenswert, dass zu diesem Anwesen ein Parkgelände, mehr als 1 ha gehörte. Ich glaube nicht, dass dieser Bereich jemals landwirtschaftlich genutzt wurde. Vielleicht war es auch ein Waldstück. Und wenn man die bestehenden Teiche mit einem Verteidigungszweck, mit einer Burganlage verbindet, wirft das die Frage auf, wie viele Menschen nötig waren, um diesen Platz gegen Angreifer zu sichern. Vielleicht schließt diese Überlegung die Verteidigungsanlage aus. Den Übergang des Hofes neben der Kirche in Thumby zum Pastorat könnte man sich so vorstellen, dass in der damaligen Eigentümerfamilie kein Erbe vorhanden war und dass so eine Schenkung an die Kirche entstand, vielleicht mit der Bedingung, hier das Pastorat einzurichten.
Im Archiv der Kirchengemeinde, aber auch im Landesarchiv in Schleswig liegen unzählige Dokumente, in alter Schrift mit der Gänsefeder geschrieben, die vielleicht über die oben aufgeworfenen Fragen antworten können. Ich selbst habe mich vor ca. zehn Jahren in diese Materie hineingearbeitet und weiß um die Fülle der vorhandenen Unterlagen. Jetzt im Alter bin ich nicht mehr dazu in der Lage. Doch ich habe mich damals ein wenig hineingetastet in das System, über ein Findbuch an die uns betreffenden Unterlagen heranzukommen. Und auch das Lesen und Übertragen bis zum Verstehen hin erfordert Zeit und Geduld. Ich wünsche mir, dass es auch in Zukunft Menschen gibt, die sich in die vorhandenen Unterlagen, in welchen Archiven auch immer, hineinarbeiten, die alte Schrift zu lesen erlernen und so noch etwas Licht über das heutige Wissen hinausbringen. In den Archiven gibt es mit Sicherheit unentdeckte Schätze, die durch schwierige Lesbarkeit unerkannt lagern.
Hans Konrad Sacht
Fortsetzung folgt

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